Die Baumwollspinnerei von 1858 sorgte als erste Industrie Wettingens für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Johann Wild fand auf der Klosterhalbinsel geeignete Grundstücke und Gebäude, die zum aufgehobenen Kloster gehörten. Über den Kanal der ehemaligen Klostermühle und Sägerei liess er das Wasser zu Jonval-Turbinen führen, die mehrere Spinn- und Webmaschinen antrieben. 1865 verfügte der Betrieb bereits über 20000 Spindeln und 120 Webmaschinen. Für seine Mitarbeiter liess Wild 1863 ein Kosthaus in der Klosterrüti und anstelle der Fähre eine Brücke erstellen. Diese 1982 sanierte ‘Gwagglibrugg‘ gilt als eine der ältesten noch erhaltenen Drahtseilbrücken der Schweiz.
Da die alte ‘Gwagglibrugg‘ nicht mehr tragfähig war, beschlossen 1981 die Gemeinden Neuenhof und Wettingen, eine neue Tragkonstruktion über die alte zu stellen. Die Spannweite beträgt 45 Meter und die Stegbreite 2 Meter. Ihren Namen erhielt die Brücke, eine der ältesten Hängebrücken der Schweiz wegen des in Längsrichtung unversteiften Steges, der unter bewegten Lasten stark schwankte. Über die technischen Details informieren Hinweistafeln längs der ‘Gwagglibrugg‘.
Obwohl die Textilarbeiter durchschnittlich schlechter gestellt waren als Arbeiter in anderen Industriezweigen, kam ihre gewerkschaftliche Organisation erst spät. In Baden kam es 1908 zur Gründung einer Sektion des Schweizerischen Textilarbeiterverbandes., in Wettingen 1919. Im gleichen Jahre brachten gewerkschaftliche Forderungen als Teilerfolg eine Lohnerhöhung von wöchentlich Fr. 9.80. Wohl zuwenig, denn im Sommer 1920 streikte die Arbeiterschaft.
Nach der Schliessung der Spinnerei und Weberei 1972 wurden die Gebäude als Zentrum für Kleingewerbe und Künstler genutzt. Ausstrahlung erreichte vor allem die ‘Ateliergemeinschaft Spinnerei‘, welche seit 1974 Teile der Fabrikhallen für künstlerische Zweck benutzt.
Blick auf den Kanal der Baumwollspinnerei und –weberei Wettingen und das zwischen den Gebäuden liegende Wasserkraftwerk, Aufnahme1930, drei Jahre vor der Auffüllung des Kanals.
1 | Spinnerei |
2 | Kraftwerk |
3 | Weberei |
4 | Gwagglibrugg |
⃘ | Standort |
Elektrischer Antrieb der Spinnereimaschinen in der Spinnerei Wettingen, um 1907.
Blick auf das Klosterareal um 1924 mi der Baumwollspinnerei und dem zugehörigen Kanal, auf der linken Flussseite die Neuenhofer Damsau und die Fabrikantenvilla Zweifel.
Kloster Wettingen und Spinnereien, um 1870.
1857 | Konzession zur Wassernutzung an Johann Wild, Sohn des Mitbegründers der Badener Spinnerei in der Aue |
1858 | Betriebsaufnahme in der sechsgeschossigen Spinnerei, Antrieb durch zwei Jonval-Turbinen (160 und 185 PS, Antrieb von 121 bzw. 145 Maschinen mittels Transmissionen); Erweiterung durch eine zweigeschossige Weberei |
1863 | Kosthaus in der Klosterrüti und Bau der ‘Gwagglibrugg‘ |
1865 | Bau einer Weberei in der Damsau |
1868 | Bau einer zweiten Spinnerei in der Damsau (1876 abgebrannt) |
1890 | Tod des Gründers Johann Wild; Weiterführung durch die zwei Schwiegersöhne Henry Zweifel-Wild und Oskar Met-Wil |
1901 | Spinnerei wir mit Treppenhausturm ergänzt |
1902 | Ersatz der Jonval-Turbinen durch Francis-Turbinen |
1911 | Konkurs und Übernahme durch die Baumwollspinnerei und –weberei Wettingen AG |
1929 | Übernahme durch den Zürcher Oberländer Industriellen Jakob Heusser-Staub; Verkauf von Land und Wasserrechten an die Stadt Zürich |
1930 – 1933 |
Bau des Limmatwerks (EWZ), Abbruch des Fabrikkraftwerks, Auffüllung des Kanals |
1971 | Übernahme sämtlicher Gebäude durch die BSW Immobilien AG, einer Tochtergesellschaft der Hesta-Gruppe |
1972 | Schliessung der Spinnerei und Weberei; Umnutzung für Gewerbe und Ateliers |