Die 1835 in der Aue erbaute Baumwollspinnerei war das erste und bis in die 1980er Jahre auch das grösste industrielle Unternehmen Badens. 1904 brannte die Fabrik nieder. Sie wurde nicht wieder aufgebaut, und rund 200 Beschäftigte verloren ihre Arbeit. Die Elektrizitätsgesellschaft Baden – heute Städtische Werke Baden – kaufte alle Liegenschaften und baute 1907 – 1909 die Turbinenanlage der Spinnerei zum Elektrizitätswerk aus. Mit den Treppengiebeln des Maschinenhauses schufen die Architekten Dorer & Füchslin einen Bezug zum Landvogteischloss.
Das Kraftwerk Aue, das ehemalige Fabrikantenwohnhaus und die zwei heute noch stehenden Kosthäuser, Aufnahme 1910 beim grössten je gemessenen Hochwasser.
Plan der Spinnerei aus dem Jahre 1857:
1 | Spinnerei |
2 | Wasserräder |
3 | Schifffahrtsschleuse |
4 | projektierte Turbinenanlage am Standort des heutigen Kraftwerks |
5 | Fabrikantenwohnhaus |
6 | Kosthäuser |
7 | Nebengebäude |
In der damals noch fast ausschliesslich katholischen Region Baden zogen mit der Eröffnung der Spinnerei viele Arbeiter aus reformierten Gegenden zu. Diese liessen offenbar mit sich geschehen, dass die Fabrikarbeit sich oft auch auf den Sonntag erstreckte. Verschiedene Beschwerden zeugen hiervon. So beklagte sich Katholisch-Wettingen 1844, wer am Sonntag nicht zur Arbeit erscheine, werde <manigfach genekt und verspottet>, und die Inhaber zögen den katholischen Arbeitern die reformierten vor.
Die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Spinnerei verdienten im Vergleich zu anderen Branchen sehr wenig. Um so härter traf sie der Brand ihrer Arbeitsstätte. Ein Hilfskomitee unter dem Vorsitz des Stadtammanns sorgte für materielle Hilfe und Arbeitsvermittlung. Viele Arbeitslose kamen in der Spinnerei Wettingen unter, andere bei Merker oder BBC. Ein halbes Jahr nach dem Brand waren <nur noch 2 bis 3 Familien und einige alte ledige Frauenzimmer ohne Beschäftigung>. Sie wurden als Armengenössige ihrer Heimatgemeinde zugewiesen.
Mit dem Übergang der Elektrizitätsgesellschaft an die Stadt kamen nicht nur das Kraftwerk, sondern auch die vier Kosthäuser und der Landbesitz der ehemaligen Spinnerei in städtische Obhut. Zwei der Kosthäuser wurden 1925 und 1955 zugunsten von Strassenanlagen (Hochbrücke) abgerissen, zwei werden nach wie vor von den Städtischen Werken Baden vermietet. Mitte der zwanziger Jahre entstand auf dem Areal die städtische Sporthalle, zehn Jahre später das grosszügige Terrassenschwimmbad.
Die Spinnerei soll 24 Stunden gebrannt haben.
Maschinensaal des betriebsbereiten Kraftwerks Aue mit zwei Zweiphasen-Generatoren von BBC, 1909.
Grundriss einer Wohnung im Kosthaus Aue. Gegen den Kanal liegen die Stube und eine Kammer, gegen die Strasse Küche und Abtritt.
1835 – 1837 |
Bau der Spinnerei durch die Zürcher Unternehmer Johann Wild und Johann Solvio, Antrieb durch zwei Wasserräder |
1853 | Die zur Spinnerei gehörende Fabrikschule wird aufgehoben |
1870 | Etwa 500 bis 600 Beschäftigte |
1885 | Nach einer längeren Depression nur noch 262 Beschäftigte, aber immer noch viertgrösste Fabrik im Aargau |
1886 | Nach mehreren Besitzerwechseln (Billeter, Zuppinger) kauft Albert Spoerry von Bäretswil (ZH) die Spinnerei |
1904 | Das sechsstöckige Spinnereigebäude brennt vollständig nieder |
1906 | Spoerry verkauft alle Liegenschaften an die Elektrizitätsgesellschaft Baden |
1907 – 1909 |
Bau des Kraftwerks Aue nach Plänen der AG Motor und der Architekten Dorer & Füchslin |
1918 | Umwandlung der Elektrizitätsgesellschaft Baden in die Städtischen Werke Baden |
1925 | Einbau einer dritten Maschinengruppe |
1966 | Ausbau der Schluckfähigkeit von 70 auf 100 m* /sec, neues Wehr |
1968 | Vom Kraftwerk Kappelerhof aus ferngesteuert |
1995 | Übernahme des Kraftwerks durch die Limmatwerke AG |